Freitag, 9. Dezember 2011

Hauptsache Ferien


Damit seine Tochter nicht hoffnungslos durchs Abitur rasselt, will Bauunternehmer Kannenberg den Lehrer Dr. Markus mit einem Fertighaus bestechen. Dieser jedoch ist resistent, geht nicht das Ansinnen ein, nimmt das Fertighaus trotzdem und die Schwester Ursula gleich mit dazu...


Filmkritik

Ein Lümmelfilm ist "Hauptsache Ferien" keineswegs und auch als Paukerfilm geht er nur bei sehr großzügiger Betrachtung durch. Dass er trotzdem unterhält und auch zweifelsfrei zur Welle der damaligen Schulfilme gehört, ist nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken, dass man "Hauptsache Ferien" in erster Linie als Peter-Alexander-Film bezeichnen kann. Da Alexander in den späten Sechzigerjahren und erst recht den frühen Siebzigern nur mehr schwer für Filmprojekte zu gewinnen war, ist sein Einsatz für Schulfilme, zu denen er hier nach "Zum Teufel mit der Penne" und "Hurra, die Schule brennt!" zurückkehrt, als umso größerer Spaß (vielleicht gar eine umso größere Wertschätzung?) anzusehen. Alexander spielt alle Register seines Könnens auch in "Hauptsache Ferien" aus, wirkt dabei manchmal lustig, manchmal skurril, oft fröhlich, von Zeit zu Zeit sensibel. Neue Facetten zeigt er fraglos kaum, dies wird aber auch gar nicht von ihm erwartet. Vielmehr freut man sich, auch im Angesicht des neuen Jahrzehnts, der zielsicher sterbenden Filmbranche und einer Zuwachsrate von 11 Prozent nach wie vor Abenteuer mit Herrn Alexander erleben zu dürfen.
Als Rialto-Film darf sich "Hauptsache Ferien" einer technisch makellosen Umsetzung erfreuen. Auch wenn am Drehbuch wie schon bei "Klassenkeile" wieder drei Autoren mitschrieben, so ist an dem traditionellen Komödienplot nur insofern etwas auszusetzen, als der Trend der Lümmelfilm-Epigonen im Allgemeinen schon dahin ging, das Geschehen möglichst aus der Schule hinauszuverlagern. Fünf Jahre Dauerfilmen in deutschen Klassenräumen und Studiobauten, die wie solche aussahen, hatten Autoren und Produzenten wohl zu der Annahme geführt, die Zuschauer seien dieser Umgebung langsam müde. Dabei stellt sie für alle diejenigen, die sich für Schulkomödien wie diese interessieren, den größeren Anreiz als ein urdeutscher, kleinbürgerlicher Campingplatz dar.
Verschiebungen wurden dementsprechend auch in den Rollen und ihren Besetzungen bedingt. Der Rialto gelang der geniale Coup, neben Peter Alexander auch Theo Lingen zu verpflichten, der allerdings diesmal nicht als Rektor, sondern als Bauunternehmer - im wahrsten Sinne des Wortes - besticht. In seiner wie stets hochamüsanten Rolle findet sich gar, so vernimmt man von heutigen Analysten, die latente Kapitalismuskritik der Seventies wieder. Ob man Bauunternehmer Kannenberg politisieren möchte oder nicht - einen Heidenspaß bereitet er auf jeden Fall.
In seiner Standardrolle als vertrottelter Pauker mit unerhörten Karrierewünschen brilliert an Alexanders Seite der Blaumeier der ersten Stunde, Balduin Baas. Und er ist nicht der einzige Pauker, der aus "Hauptsache Ferien" im Gedächtnis bleibt: Martin Held, gefeierter Fünfzigerjahrestar und noch immer für eine Sondernennung im Vorspann gut, porträtiert die menschliche und schlagfertige Seite des Lehrkörpers auf seine schon oft gesehene liebenswürdige Weise. - Da bleibt der weibliche Teil der Besetzung leider nur schmückendes Beiwerk, obschon dieses gerade in den Fällen von Christiane Hörbiger und Marietta Schupp gut und weitgehend ohne die üblichen Geschlechterklischees aufspielt.

Einige Schulszenen, Peter Alexander, Freiluftstimmung und viel Musik. Wer nicht allergisch gegen Opas Kino ist, freut sich über diese chronologisch letzte Rialto-Zuarbeit. "Aufstehen von der Lümmelbank, es sind Ferien!"


Zitate
  • Die Gewerkschaft ist eine Organisation, die dafür kämpft, dass immer mehr Menschen für immer mehr Geld immer weniger tun.
  • Wände hören es ganz gern, wenn darin gelacht wird.
  • Wenn dieser Film in der Schule gezeigt wird, ist er für Lebenszeit erledigt.
  • Unsinn! Wer gewinnt schon bei einem Preisausschreiben?
Cast und Crew

Regie: Peter Weck. Regie-Assistenz: Siegfried Rothemund. Drehbuch: Rolf Ulrich, Reinhold Brandes, Micha Mleinek nach einer Originalidee von H.O. Gregor (d.i. Horst Wendlandt). Kamera: Hannes Staudinger. Kamera-Assistenz: Franz Hofer, Rainer Teumer. Bauten: Leo Metzenbauer. Ton: Gerhard Wagner. Kostüme: Barbara Langbein. Masken: Willi Nixdorf, Hans Grosch. Schnitt: Alfred Srp. Musik: Heinz Kiessling. Aufnahmeleitung: Gerhard Pöschel. Produktionsleitung: Heinz Pollak. Drehzeit: 25. Mai bis 05. Juli 1972. Atelier: ohne. Außenaufnahmen: Berlin, Penzberg / Oberbayern. Produktionsfirma: Rialto Film Preben Philipsen GmbH & Co. KG, Berlin und Terra Filmkunst GmbH, Berlin. Produzent: Horst Wendlandt. Erstverleih: Constantin-Film, München. Weltvertrieb: Export Bischoff & Co. GmbH, München. Länge: 2827 Meter. Filmdauer bei Kinoprojektion (24 Einzelbilder pro Sekunde): 103 Minuten. Format: 35 mm; Farbe (Eastmancolor), 1:1.66. Uraufführung: 14. September 1972.

Die Personen und ihre Darsteller:
Dr. Peter Markus: Peter Alexander. Professor Hebbel: Martin Held. Ursula Kannenberg: Christiane Hörbiger. Bauunternehmer Kannenberg: Theo Lingen. Gaby Markus: Marietta Schupp. Studienrat Brummer: Balduin Baas. Corinna: Regina Claus. Oberschulrat: Hans Quest. Fräulein Kröselmeier: Blandine Ebinger. Frau Haifinger: Ursula Reit. Amtmann Kniefer: Bruno Hübner. Obermeier: Max Griesser. Pütz: Robert Fackler. Ballenbusch: Bruno W. Pantel. Michelsen: Gert Wiedenhofen. In weiteren Rollen: Ekkehardt Belle, Renée Hepp, Hildegard Kühn u.v.a.
  • Peter Alexander singt "Wir singen mit der ganzen Welt", "Was ist denn woanders so anders", "Leute im Campingzelt", "Meine vier Wände" (mit Christiane Hörbiger)

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